Autorenname: Zekiye

Seminare

Juristinnen Seminar – Workshop für Jurastudentinnen bei Skadden

Bewirb dich jetzt für unser SWANS SEMINAR: Workshop für Juristinnen bei Skadden!   Wann: 08. – 10. November 2024 Wo: Frankfurt am Main Kosten: KEINE! Juristinnen aufgepasst! 🔥 Du willst in Bewerbungsgesprächen überzeugen? Im Arbeitsalltag souverän auftreten? Von Kolleg:innen und Vorgesetzten ernst genommen und respektiert werden? Wir coachen dich! 🤯 Erhalte dein persönliches Coaching bei unserem dreitägigen Präsenz-Seminar bei der Wirtschaftskanzlei Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP and Affiliates in Frankfurt (Main)! Bei dieser exklusiven Veranstaltung erhältst du die Möglichkeit, in den Kanzleiräumen von Skadden in entspannter Atmosphäre Anwältinnen kennenzulernen, einen authentischen Einblick in die Arbeit bei Skadden zu erhalten und deine brennenden Fragen zu stellen. Du triffst andere spannende Jura-Studentinnen und Juristinnen mit Einwanderungsgeschichte, Schwarze Frauen und WomenofColor (BIWoC). Ihr könnt euch miteinander vernetzen und euch über die Hürden und Erfahrungen austauschen, die ihr in eurer bisherigen Bildungs- und beruflichen Laufbahn gemeistert bzw. gemacht habt. Die Teilnahme am Seminar ist KOMPLETT KOSTENLOS! Auch Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung werden übernommen. CHECKLISTE Du bist Jurastudentin (Staatsexamen), Referendarin oder schreibst eine juristische Doktorarbeit? Du bist im deutschsprachigen Raum aufgewachsen und eine Frau mit Einwanderungsgeschichte, Schwarze Frau bzw. Women of Color (BIWoC)? Du hast dein erstes Staatsexamen mit mindestens 8 Punkten abgeschlossen oder wenn du noch im Studium bist, überdurchschnittliche Studienergebnisse erreicht? Dann bewirb dich mit Lebenslauf und Zeugnissen (in EINER PDF) bis zum 13. Oktober 2024 bei recruiting.germany@skadden.com und starte durch mit SWANS und Skadden❤️! Wir freuen uns auf deine Bewerbung! ❤️

Vorbilder

Jasmin Arbabian-Vogel: „Wir haben einen doppelten Rucksack auf der Schulter.“

Jasmin Arbabian-Vogel hat Politologie und Sozialpsychologie in Hannover studiert und ist geschäftsführende Gesellschafterin der Interkultureller Sozialdienst GmbH.  Sie führt drei weitere Unternehmen und ist Aufsichtsratsmitglied der Deutschland Immobilien AG. Sie engagiert sich als Beirätin und Vorständin in verschiedenen regionalen und bundesweiten Organisationen, darunter für den Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) e.V., davon seit 2018 als Vorsitzende und seit 2016 als Honorarkonsulin für das Königreich Schweden. 2008 erhielt sie den Wirtschaftspreis der Stadt Hannover und 2015/2016 wurde sie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und die bundesweite Gründerinnenagentur (bga) als Vorbildunternehmerin für die Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Sie wohnt mit ihrem Partner und ihren zwei Kindern in Hannover. Das Gespräch führte Zekiye Tolu.  SWANS: „Wie würden Sie ihre Kindheit beschreiben?“  Jasmin Arbabian-Vogel: „Ich bin 1968 in Deutschland geboren. Mein Vater ist Iraner und meine Mutter Deutsche. Die beiden haben sich in Deutschland kennengelernt, da mein Vater seinerzeit vom Schah zum Studieren nach Deutschland geschickt wurde. Sie haben in Hannover relativ schnell geheiratet. Ich bin als zweites Kind hier geboren, mein Bruder ist vier Jahre älter als ich. Als ich zwei Jahre alt war, sind meine Familie und ich in den Iran gegangen. D.h. die ersten beiden Lebensjahre habe ich in Deutschland verbracht und von da an bin ich erstmal im Iran geblieben. Ich bin zwei Wochen vor meiner Volljährigkeit und nach dem Absolvieren des Abiturs im Iran 1986 wieder zurück nach Deutschland ausgewandert. Die politische Lage im Iran wurde dort zunehmend schwieriger, deshalb sind wir ohne meinen Vater zurück nach Deutschland. Er blieb zunächst im Iran. Er pendelte bis zum Ende seines Lebens zwischen Iran und Deutschland und ist hier auch nie richtig ansässig geworden. Er begründete es mit der Aussage: ‚Was soll ich hier? Hier bin ich nur ein Ausländer und im Iran bin ich „Herr Ingenieur“.’  Ich bin somit in den entscheidenden prägenden Kindheitsjahren mit beiden Religionen im Iran aufgewachsen – Christentum und Islam. Meine Eltern haben mich in beiden Religionen aufwachsen lassen und gesagt, dass ich mich irgendwann selbst für eine Religion entscheiden soll. Mit zehn Jahren habe ich entschieden, dass ich Atheistin werde, weil ich nicht an Gott glaube.  Als ich mit 18 Jahren in Deutschland ankam, hatte ich meinen ersten Schock, weil mein Abitur nicht anerkannt wurde. Das Schicksal teilte ich mit vielen eingewanderten und geflüchteten Menschen, deren Abschlüsse nicht anerkannt werden. Ich hatte allerdings das große Glück die doppelte Staatsbürgerschaft zu haben. Das war damals ein Novum. Wir hatten damals durch die doppelte Staatsbürgerschaft die Möglichkeit, legal auswandern zu können, wenn sich die politische Lage im Iran verschärft hätte. Ich durfte dann mit der deutschen Mutter das Land verlassen. Deswegen waren wir eine exotische Gruppe von doppelten Staatsbürger:innen. Hätte ich die doppelte Staatsbürgerschaft nicht gehabt, hätten wir Fluchtrouten nehmen müssen.   Das hieß, ich musste das Abitur in Deutschland nachholen. Anfangs fand ich das unangenehm, aber im Nachhinein war das die richtige Entscheidung, weil es den Kulturkonflikt etwas abgefedert hat. Es ist nämlich schon ein Unterschied, wenn man nur die Ferien in Deutschland verbringt, als hier zu leben. Ich habe das Abitur in Hannover absolviert, folglich bin ich insgesamt 15 Jahre zur Schule gegangen und habe anschließend Politologie und Sozialpsychologie studiert. Nach Beendigung des Studiums habe ich mich selbstständig gemacht.  Insgesamt kann ich sagen, dass meine Kindheit und Jugend sehr schön waren, weil der Iran ein fantastisches Land ist. Auch wenn in den 1970ern die Revolution kam und später die Islamische Republik, womit es für Frauen immer schwieriger wurde. Das ist nicht das, was das Leben dort ausmacht. Das Leben vollzieht sich nicht im politischen, sondern im privaten Raum, Die Gesellschaft ist trotz islamischer Republik die gleiche geblieben. Insofern bin ich von einer über 2.500 Jahre alten Kultur mit gastfreundlichen, kosmopolitischen und liebenswürdigen Menschen aufgewachsen und getragen. Das, was ich heute bin, bin ich, weil ich auch im Iran aufgewachsen bin.“   SWANS: „Warum haben Sie sich direkt nach dem Studium selbstständig gemacht?“  Jasmin Arbabian-Vogel: „Dafür gab es verschiedene Gründe. Wenn man zum Einen Politologie und Sozialpsychologie studiert, studiert man kein konkretes Berufsfeld. Wenn Sie beispielsweise Physik studieren, werden Sie anschließend Physikerin, das galt nicht für mein Studium. Die Frage ‘Was mache ich nach dem Studium?’ war schon immer virulent. Der Vorteil ist, dass man dadurch flexibel ist, um in sehr unterschiedlichen Bereichen unterzukommen.  Der andere Motivator war, dass ich während des Studiums durchweg gearbeitet habe. Dadurch habe ich erfahren, dass ich die Jobs super fand, aber die Vorgesetzten nicht. Da habe ich früh gemerkt, das ist nicht meine Vorstellung von Arbeit. Die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir auf der Arbeit. Wenn es da draußen keine Arbeit gibt, die mir gefällt, weil die männlichen Chefs doof sind, dann erschaffe ich mir meinen Arbeitsbereich selbst. Damals gab es leider noch viel mehr männliche Vorgesetzte als heute. Das war für mich ein ganz starkes Motiv. Ich wollte einen Arbeitsplatz schaffen, in dem die Menschen gerne arbeiten und wo man sich auf Augenhöhe und mit Wertschätzung begegnet. Das habe ich bis heute durchgezogen. Das gelingt mir nicht immer. Menschen sind fehlbar, aber das war schon immer meine Zielsetzung und davon bin ich nicht abgewichen.   Der dritte Motivator war, dass ich irgendwann im Studium in einem Pflegedienst in der Verwaltung gearbeitet habe. Zu der Zeit wurde die Pflegeversicherung in Deutschland installiert – das elfte Soziale Gesetzbuch. Zu der Zeit wurden viele Pflegedienste gegründet. Das fiel genau in die Zeit, in der ich in dieser Verwaltung gearbeitet habe. Parallel dazu ist mein Vater krank geworden, also ein Einwanderer, der in Deutschland krank wird. Da wurde mir klar, dass wir in Deutschland ein super soziales Netz aufgebaut haben, es sei denn, du bist eingewandert. Das war der allerstärkste Antrieb, weil ich hautnah miterlebt habe, wie ein Angehöriger mit Migrationshintergrund krank wurde. Wenn die in die Mühlen des Gesundheitssystems geraten, dann wird es schwierig. Deutschland hat sich noch nicht als Einwanderungsland begriffen, obwohl wir eines sind. Die Regelinstitutionen haben sich überhaupt nicht geöffnet. ‘Das mache ich anders.’ Dann habe ich beschlossen, mich mit einem Pflegedienst mit Schwerpunkt auf Menschen mit Einwanderungsgeschichte selbstständig zu machen. Das

Vorbilder

Sara Weber: „Gemeinsam mit Menschen wachsen zu können, ist so wertvoll.“

Sara Weber, geboren 1987, ist Deutsch-Amerikanerin und lebt in München. Sie studierte Publizistik und Buchwissenschaft in Mainz und besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Nach ihrer Zeit als freie Autorin für u.a. DIE ZEIT und die Süddeutsche Zeitung arbeitete sie fünf Jahre bei LinkedIn. Sie schreibt die SPIEGEL-Kolumne „ÜberArbeiten“. Ihr erstes Buch „Die Welt geht unter und ich muss trotzdem arbeiten?“ war 2023 ein SPIEGEL-Bestseller. Ihr zweites Buch „Das kann doch jemand anderes machen!“ erscheint im August 2024 bei Kiepenheuer & Witsch. Das Gespräch führte Zekiye Tolu.  SWANS: „Wie würdest du deine Kindheit beschreiben?“  Sara Weber: „Ich bin in Bayern auf dem Dorf mit meiner alleinerziehenden Mutter in einem Mehrgenerationenhaushalt aufgewachsen. Mein Vater lebte und lebt in den USA. Ich empfand das als sehr schön und prägend. Es gab allerdings wenig People of Color in meiner Umgebung, in meiner Grundschulklasse war ich die einzige. Das hat für mich damals aber keine große Rolle gespielt. Es kamen zwar mal ein paar blöde Sprüche, aber da hat mir meine Familie beigebracht, dass es mir egal sein kann. Sie haben mir klar gemacht: Das ist deren Problem und nicht deins. Und das war im konservativen Bayern eine Einstellung, die für mich gut funktioniert hat.  Als ich ins Gymnasium in die nächstgrößere Stadt kam, habe ich die Unterschiede bemerkt. Es war eine Art Eliteschule, in die viele Kinder aus eher wohlhabenden Familien gingen. Das waren Familien mit verheirateten Eltern, die zwei bis drei Kinder hatten. Die Mutter blieb meistens zu Hause, während der Vater in einem sehr gut bezahlten Job arbeitete. Meine Mutter hingegen hat an der Kasse gearbeitet, mein Vater hat in den USA gelebt und ich sah nicht aus wie alle anderen. Das war der Moment, als ich gemerkt habe, dass ich nicht so ganz reinpasse. Wenn ich hingegen in den Ferien bei meiner Familie in den USA war, war ich in einer anderen Position. Das war der Anfang einer Phase, in der ich herausfinden wollte, wie ich in diesen Kontext passe. Wie passen diese verschiedenen Lebensrealitäten, zwischen denen ich mich bewege, zusammen? Und was bedeutet das für meine Identität?“   SWANS: „Wie hast du Rassismus erlebt und wie bist du damit umgegangen?“  Sara Weber: „Den Alltagsrassismus gibt es immer – das wissen alle People of Color. Das geht von rassistischen Sprüchen bis hin zu ungefragt in die Haare fassen. Bestimmt gab es auch andere rassistische Formen der Diskriminierung, die mir damals gar nicht so bewusst waren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich keine größeren Übergriffe erlebt habe. Ich hatte ein sehr angenehmes Umfeld aus Familie und Freund:innen, in dem ich gut eingebunden und geschützt war.   Ich gehörte allerdings auch zu den ‘Guten‘ mit Migrationshintergrund, aus der Außenperspektive betrachtet – auch wenn ich persönlich es für höchstproblematisch halte, so zwischen Herkunftsländern zu unterscheiden. Aber in den 1990ern und 2000ern waren die USA ein sehr beliebtes Land, auf das man eher herauf- als herabgeblickt hat. Es gab dort coole Klamotten, die es hier in Deutschland noch nicht gab, es war ein Sehnsuchtsort. Das hat geholfen. Die USA waren damals sexy, sie hatten einen ganz anderen Status.“  SWANS: „Wer waren deine Vorbilder, die dich in deinem Leben bestärkt haben?“  Sara Weber: „Es gab während meiner Schulzeit keine anderen Schwarzen Personen in meinem Umfeld in Deutschland. Ich war auf einer sehr weißen, bayerischen Schule und das hat sich widergespiegelt. Ich hatte dennoch das Glück, dass ich von meiner Mutter, meinem Vater und meiner gesamten Familie bestärkt wurde. Es war ihnen wichtig, mir beizubringen, dass ich so wie ich bin, gut bin. Und wenn andere Menschen mir etwas Anderes erzählen, sagt es mehr über sie aus als über mich. Das ist eine sehr privilegierte und stärkende Denkweise, die dich nicht davor schützt, wenn du in Extremsituationen bist, in denen du wegen rassistischer Angriffe um deine Gesundheit oder dein Leben fürchten musst, aber hilft, Alltagssituationen besser wegzustecken.“  SWANS: „Welche Werte hast du mitbekommen?“  Sara Weber: „Die familiäre Verbindung schätze ich sehr, da ich sowohl in Deutschland, als auch in den USA in einem starken Familienverbund aufgewachsen bin. Ich habe eine sehr große Familie, die sich sehr nah ist. Sowohl in der Kernfamilie, als auch in der gewählten Familie ist immer jemand für mich da. Ich kann mich immer auf jemanden verlassen. Das ist ein tiefsitzender Wert, den ich immer mit mir rumtrage. Ich weiß, ich kann jederzeit um 5 Uhr morgens bei diesen Menschen vor der Tür stehen und sie würden keine Fragen stellen.   Ein anderer Wert ist, seinem Bauchgefühl zu folgen und zu wissen, dass das einen richtig leitet. Und mir ist Geld als Statussymbol nicht wichtig. Wir alle brauchen natürlich Geld zum Leben, um ein Dach über dem Kopf zu haben, um zu essen, um unser Leben zu bestreiten. Aber Geld als Statussymbol brauche ich nicht. Ich habe kein Bedürfnis, viele teure Dinge zu besitzen. Die wahren Werte, die ich mitbekommen habe, sind Gesundheit, Familie, Zusammenhalt und Füreinander da sein. Danach gestalte ich mein Leben.“   SWANS: „Auf welche der von dir gemeisterten Hürden bist du besonders stolz?“  Sara Weber: „Was mich beschäftigt hat, war die Studienzeit. Mir war nicht klar, was und wo ich studieren soll. Was steht mir beruflich offen? Die Schule fiel mir relativ leicht, aber ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt studieren soll. Meine Mutter hat mir geraten zu studieren. Ich hatte Lust darauf, aber ohne zu wissen, was das konkret bedeutet. Mir war nicht bewusst, wie das System funktioniert. Meine Mutter konnte mir auch nicht aus eigener Erfahrung berichten, wie das läuft. Andere hatten es da leichter, weil sie es von ihren Familien schon kannten.  Zum Anderen waren wir finanziell nicht so aufgestellt, dass ich mir alles einfach leisten konnte. Während ich mit meinem BAföG haushalten musste, sind andere Student:innen in den Semesterferien in den Urlaub gefahren, haben ein Auslandssemester absolviert. Diese finanziellen Unterschiede, aber auch der Habitus von Menschen aus Akademiker:innen-Familien war für mich sehr klar und deutlich.  Ebenso stellte die Kommunikation eine Herausforderung für mich dar. Es gab einfach andere Begrifflichkeiten, die ich vorher nicht kannte

Vorbilder

Sawsan Chebli: „Ich hätte nie gedacht, dass ich Staatssekretärin werde.“

Sawsan Chebli ist Politikerin (SPD) und Buchautorin. Heute lebt sie in Berlin, ist verheiratet und Mutter eines Sohnes. In Berlin ist sie zur Schule gegangen und hat auch dort Politikwissenschaften studiert. 2001 ist sie in die SPD eingetreten. Erstmals öffentlich wurde sie 2010 als Grundsatzreferentin für Interkulturelle Angelegenheiten in der Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport. 2014 hat sie der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier ins Auswärtige Amt zur stellvertretenden Sprecherin berufen. Von 2016 bis 2021 war sie Bevollmächtigte des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. In dieser Funktion begann sie, in den sozialen Medien ihre Stimme zu erheben. Auf Twitter folgen ihr über 120.000 Follower:innen. Dort erlebt sie Hass, aber auch aufrichtige Unterstützung. In ihrem Buch LAUT spricht sie über das Thema Hass im Netz und warum dieser Hass nichts Anderes als digitale Gewalt ist. Das Gespräch führte Zekiye Tolu.  SWANS: „Du hast eine besondere Geschichte. Wie hast du deine Kindheit erlebt?“  Sawsan Chebli: „Ich bin 1978 als zwölftes Kind einer palästinensischen Flüchtlingsfamilie in Berlin geboren. Elf meiner Geschwister sind im Flüchtlingslager in Libanon geboren und haben dort 20 Jahre im Lager gelebt. Ich war fünfzehn Jahre staatenlos. Mein Vater hatte in den 70er Jahren entschieden, nach Deutschland zu fliehen, um meiner Familie eine bessere Perspektive zu geben. Wir hatten jahrelang nur einen Duldungsstatus. Die Frage, ob dieser Status verlängert wird, also ob wir bleiben durften oder nicht, hing von den Launen der Beamt:innen ab. Mal wurde unser Aufenthalt um zwei Wochen verlängert, mal um ein paar Tage und mal um einen Monat. Da war alles drin. Und all das gesehen und erlebt zu haben, hat mich sehr geprägt.  Was mich aber am meisten geprägt hat, war, als ich meinen Vater mit fünf Jahren in einer Abschiebehaft besucht habe. Mein Vater wurde zwei Mal abgeschoben. Diesen Gang in die Zelle werde ich niemals vergessen. Ich weiß heute noch, wie sich das angefühlt hat. Ich habe mir sehr früh geschworen, dass ich niemals zulassen werde, dass mich jemand so behandelt. Und ich habe mir geschworen, dass ich alles tun werde, um gegen Unrecht und Ungerechtigkeit zu kämpfen. Ich werde immer meine Stimme erheben und meine Stimme für all die zu nutzen, deren Stimme nicht gehört wird. Das hat mich am Ende dazu gebracht, in die Politik zu gehen und laut zu sein. Meine Biografie ist und war für mich immer ein Motor dafür, Dinge zu tun oder auch nicht. Der Kampf um Gerechtigkeit ist mein moralischer Kompass. Das gibt mir immer wieder die Kraft, laut zu sein und gegen Unrecht zu kämpfen – auch wenn es kompliziert und nicht immer leicht ist.“  SWANS: „Wie war der Weg in die Politik?“  Sawsan Chebli: „Ich habe Politikwissenschaften studiert – mit dem Ziel, in die Politik zu gehen. Anfangs habe ich mich auch dafür interessiert, in einer politisch internationalen Organisation zu arbeiten und dabei zu helfen, einen unabhängigen Staat Palästina aufzubauen.  Mein erster Job als Praktikantin war im Bundestag. Dort habe ich mir ein Netzwerk aufgebaut. Mein Ziel war es, nicht nur für Politiker:innen zu arbeiten, sondern selbst Politik zu betreiben. Ich bin mit 21 in die SPD eingetreten. Ich habe dort dann bei Wahlkämpfen unterstützt. Als Frank-Walter Steinmeier für den Bundestag kandidierte, habe ich eine Kampagne für ihn gestartet. Die Kampagne lautete: Wie können wir arabisch-stämmige Menschen davon überzeugen, die SPD zu wählen? So begann meine Karriere in der Politik – und brachte mich dann auch zur Position als Staatssekretärin.“  SWANS: „Hast du schwierige Phasen erlebt und wie bist du damit umgegangen?“ Sawsan Chebli: „Mein beruflicher Werdegang verlief nicht steil. Es gab Höhen und Tiefen. Ich hatte auch nie einen Masterplan für mein Leben. Einiges war Glück, vieles Ehrgeiz und geholfen hat sicherlich auch die Fähigkeit, Netzwerke aufzubauen und zu halten.“  SWANS: „Was würdest du einer Person empfehlen, die nicht so ehrgeizig ist, aber trotzdem eine Botschaft vertreten will?  Sawsan Chebli: „Ehrgeiz, familiärer Hintergrund oder Glück dürfen nicht die Bedingung dafür sein, dass man etwas erreicht. Wir brauchen Chancengerechtigkeit, damit alle etwas erreichen können. Es muss auch nicht jede:r ein Frontrunner sein. Es gibt Leute, die stillere Töne wählen, um Haltung zu zeigen. Hauptsache man schweigt nicht, wenn bestimmte Dinge nicht richtig laufen.  Wichtig finde, dass man sich ein Netzwerk oder Freund:innenkreis aufbaut, die einen stärken und Halt geben. Man muss nicht alles mit sich selbst ausmachen, so wie ich es oft gemacht habe. Ich habe erst spät gemerkt, dass es ok ist, um Hilfe zu fragen. Das hat nichts mit Schwäche zu tun, sich einzugestehen, dass man allein nicht mehr weiterkommt. Es gibt sehr viele wohlwollende Menschen, auf die ich mich verlassen kann. Da kann man Kraft schöpfen. Wenn man einmal die Hürde genommen und die Angst vor Ablehnung überwunden hat – das gibt einem einen ganz schönen Boost.“  SWANS: „Was hast du aus der Politik gelernt?“   Sawsan Chebli: „Resilienz. Denn Politik ist ein hartes „Geschäft“. Ich habe zu Beginn meiner politischen Karriere Menschen fast blind vertraut. Das hat sich im Laufe der Jahre verändert. Ich bin ein wenig vorsichtiger geworden, auch wenn Menschen, die mich kennen, das anders einschätzen würden. Sie sind der Meinung, ich sei immer noch zu offenherzig. Gleichzeitig habe ich unfassbar inspirierende Politiker:innen getroffen, die mein Leben mitgeprägt haben. Ich liebe die Politik, sie ist mein Leben – auch wenn ich gerade sehr mit meiner Partei hadere.“  SWANS: „Welchen Einfluss haben die aktuellen Kriege auf dich?  Sawsan Chebli: „Sie bestimmten mein Leben. Vor allem der Krieg in Gaza. Es tut weh, das Gefühl zu haben, dass ich nichts tun kann. Dieses Gefühl der Ohnmacht wiegt schwer. Das Gefühl, nichts gegen das Unrecht tun zu können, das Palästinenser:innen derzeit erleben – die Bilder von Tod und Zerstörung, all das raubt mir oft den Schlaf.  Es ist schwer, am Ende die Hoffnung zu wahren und zu hoffen, dass das „laut“ Sein irgendwie hilft. Jeden Tag mit dem Leid aufzustehen und ins Bett zu gehen und dabei nicht die Hoffnung an die Menschheit zu verlieren, ist ziemlich schwer. Aber es gibt ja auch keine Alternative, als

Presse

Bayerischer Rundfunk berichtet zum Diversity-Tag über SWANS

Brauchen gut ausgebildete Akademikerinnen in Deutschland Karriereförderung? Haben sie einen Migrationshintergrund, leider ja. Trotz Fachkräftemangel und Überalterung, manche Firmen leisten sich immer noch Vorurteile. Das Netzwerk SWANS kämpft für Jobgerechtigkeit.  Den Bericht in voller Länge findest du hier.

Vorbilder

Saina Bayatpour: „Kurz vor Sonnenaufgang ist es am dunkelsten.“

Saina Bayatpour ist mehrfach ausgezeichnete Unternehmerin, Uni-Dozentin, Autorin und Speakerin. Bereits mit 27 Jahren, während ihres Germanistik, Anglistik und Markt- und Werbepsychologie Studiums an der LMU München, gründete sie ihr erstes Unternehmen: eine Marketing- und Eventagentur. Ganz ohne Kredite, nur mit einem geringen angesparten Startkapital. In den Folgejahren wurde die Agentur zu einer international tätigen Firma mit mehrstelligem Millionenumsatz und weltweit fünf Filialen. Auf diese folgten viele weitere Firmen. 2013 entstand die Business Women’s Society, die sie 2022 in SHECIETY umbenannte – ihr zweites großes Steckenpferd, mit der sie Frauen auf ihrem Weg zum Erfolg unterstützt und sich aktiv für Frauen und Kinder weltweit einsetzt. Das Gespräch führte Zekiye Tolu. SWANS: „Wie würdest du deine Kindheit beschreiben?“ Saina Bayatpour: „Ich bin 1980 im Iran geboren, d.h. meine Kindheit bis zur Auswanderung bestand auch aus Kriegserlebnissen. Kurz nach meiner Geburt begann dort der Krieg. Mit sieben Jahren bin ich nach Deutschland gekommen. Da war die Kindheitszeit insofern schöner, als dass hier kein Krieg herrschte und ich mich sicher und frei gefühlt habe. Dennoch habe ich mich sehr fremd und nicht zugehörig gefühlt. Das ist ein Gefühl, dass mich heute noch prägt.“ SWANS: „Wie gehst du heute mit dem Nicht-Zugehörigkeitsgefühl um? Fühlst du dich heute zugehörig?” Saina Bayatpour: „Ja, ich finde das Gefühl der Zugehörigkeit in der Familie und unter Freund:innen. Aber ich versuche das Gefühl in mir zu stärken, dass ich nur zu mir gehören muss. Es ist nicht wichtig, im Außen dazu zugehören, sondern es ist im Prinzip Inner Work. Du musst dich in dir so gefestigt fühlen, dass es eigentlich völlig egal ist, wo du bist, weil du bist in dir. Das ist eine Veränderung, die mir sehr weiterhilft.“ SWANS: „Du hast Rassismus in deiner Schulzeit erlebt. Wie bist du damit umgegangen?“ Saina Bayatpour: „Ich habe es als Kind nicht als Rassismus eingestuft. Ich habe nur gemerkt, ich werde anders behandelt. Als Kind versteht man das glaube ich nicht so richtig. Das hat in mir das Gefühl von fremd sein und unwohl fühlen massiv verstärkt. Ich habe aber erst mit Ende 30 bis Anfang 40 verstanden, was für einen Einfluss es auf mein Leben hatte. Situationen, die ich in der Schule erlebt habe, wie z.B. dass meine Lehrerin Ausländer:innen nicht mochte und mir ganz klar gesagt hatte, dass ich hier nichts verloren habe. Die Glaubenssätze ‚Du gehörst nicht dazu. Du bist nicht gut genug.‘ waren immer noch in mir aktiv und haben einen massiven Einfluss auf unser Leben. Es können 100 positive Sätze dabei gewesen sein und ein negativer reicht, um deinen Weg auf eine völlig andere Bahn zu lenken. Deshalb finde ich es unfassbar wichtig, dass man auch die Lehrer:innen mehr kontrolliert oder den Umgang mit Kindern überwacht. Das passiert heute leider gar nicht. Ich habe einfach gemerkt, dass dieser Glaubenssatz mir komplett im Weg stand. Diese kleinen Anfeindungen hatten eine große Wirkung.“ SWANS: „Wie hast du diesen Glaubenssatz für dich gedreht oder umgewandelt?“ Saina Bayatpour: „Ich habe ihn für mich gedreht, in dem ich mir gesagt habe: Die Vergangenheit kann ich nicht verändern, aber die Emotion dazu. Ich habe für mich verstanden, dass dieser Mensch, der mir diesen Satz beschert hat, eine arme Sau ist. Das ist jemand, der sich selbst nicht genug liebt. Dieser Mensch ist so in seiner Angst gefangen, dass er nichts Fremdes erleben will. Oder vielleicht ist sein Sicherheitskonzept gefährdet, wenn das Bild nicht reinrassig deutsch war. Die Lehrerin war das Problem, nicht ich. So konnte ich das für mich lösen. Ich bin in Mitgefühl mit diesen Menschen gegangen. Und das ist nicht so, dass es mit einmal erkannt erledigt ist. Es ist ein unfassbar langer Prozess und es gibt immer noch Situationen, in denen es hochploppt. Durch das Erkennen kann ich die Emotion dazu für mich verändern. Du musst es immer wieder wie einen Muskel trainieren, bis du dein altes Programm überschreibst. Da sind Geduld und Kontinuität starke Komponenten.“ SWANS: „Unsere Schwäne haben während ihrer Jugend viel Verantwortung übernommen. War das bei dir ähnlich?“ Saina Bayatpour: „Ja, total und das ist echt ein Phänomen, dass ich bei vielen Menschen mit Einwanderungsgeschichte feststelle. Entweder haben sie viel Verantwortung auferlegt bekommen oder übernommen, die nicht gesund ist. Ich selbst habe auch mit neun die Familienverantwortung übernommen, als mein Vater verstorben ist. Mein Bruder ist acht Jahre älter und ich hatte das Gefühl, ich muss jetzt diese Familie retten. Man trägt so eine Verantwortung, dass man oft damit zu kämpfen hat. Ich habe dann gemerkt, dass ich gar nicht im Stande war, eine wirkliche Beziehung einzugehen, weil ich mich ja schon um eine Familie gekümmert habe. Wer hätte da noch Platz in diesem Konstrukt gehabt? Das sind echt spannende Mechanismen, wenn man sie verstanden hat: Wow, ok macht Sinn!“ SWANS: „Was waren deine gemeisterten Hürden, auf die du besonders stolz bist?“ Saina Bayatpour: „ Es tatsächlich trotz der furchtbaren Lehrerin auf das Gymnasium geschafft und mein Abitur bestanden zu haben. Auch da gab es Lehrerinnen, die meinten, dass ich das nicht schaffe. Ich bin ebenso stolz auf das Studium, weil es nicht leicht war, nebenbei in Vollzeit zu arbeiten, um mir das Studium leisten zu können. Am Ende des Tages bin ich seit über 17 Jahren Unternehmerin und finde, dass ich es gut mache. Ich habe alleine gegründet. Ich habe keine Investoren gehabt, keine Kredite. Manche meinten, sie geben mir ein bis zwei Jahre. 17 Jahre später gibt´s mich immer noch als Unternehmerin. Da neigen wir Frauen leider dazu, dass wir nicht stehen bleiben und uns auf die Schulter klopfen: Das hast du geil gemacht! Das versuche ich mir gerade beizubringen. Ich sage mir, dass ich in ein fremdes Land gekommen bin, wo mir immer wieder Steine in den Weg gelegt worden sind. Dadurch musste ich mich noch mehr beweisen und trotzdem stehe ich heute noch da. Und ich stehe gut da. Das ist das, was ich unserem Netzwerk Sheciety vermittle: Glaub an dich. Wenn du nicht an dich glaubst, wird niemand zu dir kommen und dich retten. Du musst dich selbst retten. Das

Presse

Porträt über Araththy – nominiert als Zukunftsmacherin 2024 im Oldenburger Münsterland

FATMA-Projektkoordinatorin Araththy hat mit der Münsterländischen Tageszeitung und der Oldenburgischen Volkszeitung über ihren Werdegang, ihre Motivation und ihre Arbeit bei SWANS gesprochen. Sie erzählt, welche persönlichen, beruflichen und wissenschaftlichen Erfahrungen sie geprägt und motiviert haben – und zu ihrer Promotion inspiriert. Und wieso sie sich dafür entschieden hat, u.a. bei SWANS andere Frauen of Color zu empowern. Das vollständige Porträt findet ihr hier.

Vorbilder

Dr. Donya Gilan: „Diskriminierte Frauen sind für mich Resilienz-Vorbilder.“

Dr. Donya Gilan ist eine renommierte Psychologin, die sich auf die psychologische Anpassungsfähigkeit des Menschen spezialisiert hat. Sie ist bekannt für ihre Arbeit, die darauf abzielt, Erkenntnisse aus der psychischen Gesundheitsforschung in die Bereiche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu integrieren. Ihr Fokus liegt auf dem Transfer von Wissen durch kreative Kommunikation, relevante Publikationen, Beratung politischer Entscheidungsträger und die Entwicklung von Programmen zur Förderung der Gesundheitskompetenz. Sie ist davon überzeugt, dass Wissenschaft dem Wohl von Menschen und Umwelt dienen sollte. Als Leiterin der Transkulturellen Ambulanz an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz sowie als Dozentin und Beraterin für Migration, Resilienz und Akkulturation an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz ist sie eine führende Expertin auf ihrem Gebiet. Das Gespräch führte Zekiye Tolu. SWANS: „Wie haben Sie Ihre Kindheit erlebt?“ Dr. Donya Gilan: „Meine Kindheit gleicht einem faszinierenden Mosaik aus Erinnerungen, das von den ersten Jahren im lebhaften Iran bis zu meiner aufregenden Einwanderung nach Deutschland im Jahr 1986 reicht. Der Wechsel zwischen den Kulturen war wie eine Entdeckungsreise durch verschiedene Welten, die meine Sinne belebten und meinen Horizont erweiterten. Anfangs zögerte ich, meine Muttersprache Farsi öffentlich zu sprechen, aus Scham und Unsicherheit, da es in meiner Umgebung wenig Fremdsprachigkeit gab. Doch im Laufe der Zeit wandelte sich meine Wahrnehmung grundlegend: Ich erkannte, dass meine Herkunft eine Quelle der Bereicherung ist. Heute empfinde ich es als Privileg, zweisprachig aufgewachsen zu sein, da es mir ein breiteres Repertoire an Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet und eine tiefere Verbindung zu meinen Wurzeln ermöglicht.“ SWANS: „Gab es Vorbilder, die Sie positiv beeinflusst haben?” Dr. Donya Gilan: „Meine Eltern, sowohl meine leidenschaftlich engagierte Mutter als auch mein einfühlsamer Vater, verkörpern für mich die Essenz von Mut, Entschlossenheit und Großzügigkeit. Mein Vater begann sein Medizinstudium im Alter von 30 Jahren und zeigt bis heute eine beispiellose Jugendlichkeit und Aktivität. Sein unermüdlicher Einsatz für die Unterstützung sozial benachteiligter Menschen ist eine Inspirationsquelle für uns alle. Meine Mutter, eine Stimme der Gerechtigkeit und des sozialen Wandels, hat durch ihren unbeirrbaren Kampfgeist und ihre Vision für eine bessere Welt mein Leben nachhaltig geprägt. Besonders beeindruckt hat mich ihr Einsatz für die Rechte von Frauen in Mainz, wo sie sich für die Stärkung der Frauen und ihre politische Teilhabe eingesetzt hat.“ SWANS: „Wenn ich mich in einer Krise befinde, was raten Sie mir in dieser Situation?“ Dr. Donya Gilan: „Die Bewältigung von Krisen ist eine Herausforderung, die nicht nur unsere physische, sondern auch unsere psychische Gesundheit beeinflusst. Migration und die Anpassung an eine neue Gesellschaft stellen ein intensives Resilienz-Training dar, insbesondere für Menschen, die später im Leben in ein neues Land kommen. In solchen Momenten spielen kollektive Schutzfaktoren eine entscheidende Rolle, indem sie eine unterstützende Gemeinschaft bieten und den Glauben an die eigene Stärke stärken. Frauen, die sich in neuen Gesellschaften behaupten müssen, sind oft besonders resilient und kämpfen für ihre Rechte und die ihrer Mitfrauen, wie ich es bei meiner Mutter und anderen bewundernswerten Frauen erlebt habe.“ SWANS: „Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?“ Dr. Donya Gilan: „Mein Interesse an der Psychologie wurde durch die faszinierenden Arbeiten von Pionieren wie Carl Gustav Jung, Sigmund Freud und den einflussreichen Ideen der Frankfurter Schule geweckt. Ihre tiefgreifenden Einsichten in die menschliche Psyche und Gesellschaft haben mein Verständnis für die Komplexität des menschlichen Geistes erweitert und mein Interesse an der Erforschung der Tiefen der menschlichen Seele geweckt. Insbesondere haben mich die psychologischen Theorien zur Emanzipation von Frauen und zur Förderung ihrer Rechte inspiriert, und ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, diese Erkenntnisse in meinem beruflichen Werdegang zu vertiefen.“ SWANS: „Wie können wir aus Sicht der Resilienz-Forschung unsere psychische Gesundheit fördern?“ Dr. Donya Gilan: „Stille ist eine Art, die mich sehr entspannt. Das ist ein Aspekt, aber das kann für jede Person individuell sein. Man muss für sich seine Kraftquellen herausfinden. Für die eine Person ist es das Kochen, die Gartenarbeit oder die simpelsten Sachen. Das musst du herausfinden, was dir guttut.  Der Mensch braucht aber auch die Abwechslung. Wenn man immer nur eine Sache macht, kann es dazu führen, dass man dann erschöpft ist. Vielfältigkeit und unterschiedliche Aktivitäten im Alltag zu haben, kann da hilfreich sein.  Man sollte sich im Alltag fragen: Welche Einstellung habe ich? Wo habe ich verzerrte Wahrnehmungen, die einen negativen Einfluss auf meine Emotionen und Gedankenwelt haben? Für mich ist der zentralste Faktor: Resilienz funktioniert nur dann, wenn man die Möglichkeiten dazu hat, Resilienz auszuüben. Ich kann nur in den Wald gehen, Selbstfürsorge betreiben, Sport machen, wenn ich Freizeit habe, ohne funktioniert es nicht. Die Rahmenbedingungen sind da sehr wichtig.  Resilienz ist von entscheidender Bedeutung für Frauen, da sie oft einem höheren Maß an Stressoren und Diskriminierung ausgesetzt sind. Die Politik und die Wirtschaft spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung der Resilienz von Frauen, indem sie Rahmenbedingungen schaffen, die ihre psychische Gesundheit und ihre Fähigkeit zur Bewältigung stärken. Dies kann durch die Implementierung von Politiken zur Gleichstellung der Geschlechter, zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Sicherstellung des Zugangs zu Bildung und Beschäftigung geschehen. Darüber hinaus können Programme zur Förderung der mentalen Gesundheit am Arbeitsplatz und zur Unterstützung von Frauen in Führungspositionen dazu beitragen, die Resilienz zu stärken.“ SWANS: „Welche Anlaufstellen oder kostengünstige Optionen gibt es noch, um meine Resilienz zu stärken? Dr. Donya Gilan: „Ich würde mich bei meiner Krankenkasse erkundigen, die bieten oft Resilienz-Trainings an, die zum größten Teil mitfinanziert werden. Wenn man sich selbst in Resilienz trainieren will, kann man bei jeder Herausforderung, die im Alltag auf einen zukommt, versuchen, diese durch eine andere Brille zu betrachten. Wie könnte ich diese Situation betrachten, die für mich eine Herausforderung darstellt? Wie kann ich an der Situation wachsen, damit der bedrohliche Charakter von stressigen Situationen verschwindet? Ich muss mich der Situation stellen. Ich kann nicht jeden Zustand ändern, aber ich kann meine Umgangsart damit verändern. Das ist der Kern der Resilienz-Ausbildung. Wie kann ich mich selbst so regulieren und einen flexiblen Umgang finden, damit mich diese Stressoren nicht jedes Mal umhauen? Gibt es Perspektiven, die ich verändern könnte? Brauche ich mehr Ressourcen? Wie gehe ich mit Stress um?

Seminarberichte

Seminarbericht: Social Media & Aktivismus

Wie kann ich Social Media als Werkzeug des Aktivismus nutzen? Wie baue ich meine Reichweite aus – und gebe dabei auch auf mich selbst Acht? Das haben 20 Teilnehmerinnen unseres SWANS Seminars „Social Media & Aktivismus“ gelernt – im Rahmen unseres Projekts FATMA (Förder-Aktivitäten für mehrfachdiskriminierte Akademikerinnen), gefördert vom Programm „Demokratie leben“ der Bundesregierung. Hochkarätiger können wir nicht starten: Beim Auftakt des Seminars am Freitagabend im äthiopischen Restaurant „Blue Nile“ treffen die Teilnehmerinnen auf Ex-Amnesty Generalsekretärin Selmin Çalışkan und Tik Tok Influencerin Gardinia Borto. Bei einem gemeinsamen Abendessen lernen die Teilnehmerinnen sich gegenseitig und unsere prominenten Gästinnen kennen. Sie führen erste Gespräche über ihre Erfahrungen und Herausforderungen mit Social Media Aktivismus und nutzen die Gelegenheit, sich miteinander zu vernetzen. Sie diskutieren politische und gesellschaftliche Themen – und wie sie mit ihnen auf Social Media umgehen. Dabei berichten Selmin und Gardinia als Profis von ihren eigenen Erfahrungen und geben den Teilnehmerinnen Tipps mit auf den Weg. „Mein Highlight am Wochenende war, so viele tolle, inspirierende Frauen kennenzulernen – direkt am Anfang“, berichtet eine Teilnehmerin begeistert. Workshops zu den Themen „Social Media Strategien & Contentmarketing“ und „Social Media & Mental Health“ – das steht am Samstag auf dem Programm. Den Einstieg macht Irem Yalim, Jurastudentin und zweifache Gründerin: Ihr Unternehmen Yalimedia ist eine Social Media und Content Agentur und ihr zweites Unternehmen Yalievents ist spezialisiert auf Content Creation für Events. In ihrem Workshop vermittelt Irem konkrete Strategien zur Entwicklung von Social Media Profilen, Strategien und zum Content Marketing – mit besonderem Augenmerk auf die spezifischen Herausforderungen und Chancen der Teilnehmerinnen. Irem betont: Eure individuellen Erfahrungen und Perspektiven leisten einen einzigartigen Beitrag zum Aktivismus in den sozialen Medien!  Nachmittags geht es darum, wie soziale Medien unsere psychische Gesundheit beeinflussen können – und welche Strategien zur Selbstfürsorge wichtig sind. Den Workshop leitet Anahita Sattarian, Psychologin und psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung. Ihr Schwerpunkt ist die Verhaltenstherapie. Sie befasst sich intensiv mit dem Thema Mental Health und klärt dazu auf ihrem Instagram Account auf. Insbesondere BIWoC-Aktivistinnen werden oft mit Online-Hass, Diskriminierung und dem Druck, regelmäßigen Content bieten zu müssen, um sichtbar zu werden bzw. zu bleiben, konfrontiert. Während Social Media Verbindung zwischen Menschen, Möglichkeiten des Vernetzens und Verbreitung von Wissensbeständen bedeutet, hat es auch seine Schattenseiten. So sind Angstzustände, depressive Stimmung und Schlafstörungen auf die verstärkte Nutzung von Social Media zurückzuführen. Anahita gab konkrete Tipps, wie eine bewusste Social Media Nutzung möglich ist. Dabei berichtet sie aus ihrem persönlichen Leben: Seit einer gewissen Zeit hat sie sich einen Wecker zugelegt, um nicht länger von ihrem Handy abhängig zu sein. „Die Schlafenszeit möchte ich ohne mein Handy verbringen. Das macht viel mit einem.“ Die alltagsnahen Empfehlungen kamen bei den Teilnehmerinnen besonders gut an. Am Sonntag ist Raum und Zeit für Empowerment und gegenseitige Inspiration, um die Teilnehmerinnen dazu zu ermutigen, ihre einzigartigen Stimmen im Social Media Aktivismus zu nutzen und sich für ihre Anliegen stark zu machen. Es ging hier um grundlegende Aspekte wie z. B., ob die Teilnehmerinnen für den Aktivismus einen gesonderten Account auf Social Media einrichten sollten oder nicht. Es wurden Vor- und Nachteile abgewogen und gemeinsam diskutiert. In ihrem abschließenden Vortrag zum Thema „Aktivismus rassismuskritisch gestalten“ regt Charlotte Nzimiro, Onlineaktivistin und Admin der Instagram Seite Black Power Germany, dazu an, über die Rolle von BIWoC im Kampf gegen Rassismus auf Social Media nachzudenken. Charlotte erzählt dabei viel von ihren eigenen Erfahrungen zum Thema Online Aktivismus. Sie spricht offen über ihre Fehler und sagt: „Ich kann nicht alles über Anti-Rassismus wissen. Ich habe Fehler gemacht und werde Fehler machen.“ Einen weiteren wichtigen Hinweis gibt sie den Teilnehmerinnen mit: Mit Bedacht Inhalte posten und ggf. Triggerwarnungen anfügen. Für den Eigenschutz empfiehlt sie, nicht alle Bilder und Videos auf Social Media zu öffnen. Sie können verletzenden Content beinhalten, die auch einen selbst belasten können. Nachdem 2019 ein deutsches Gericht entschied, dass das N-Wort nicht grundsätzlich abwertend ist, startet Charlotte eine Petition, um es offiziell als rassistisch einordnen zu lassen. Dabei betont sie immer wieder, dass man sich mit wenigen Klicks oder einem Post aktiv gegen Rassismus positionieren kann. Das Seminar endet mit einem Gefühl der Stärkung und des Gemeinschaftsgefühls unter den Teilnehmerinnen. Mit neuen Kenntnissen, Fähigkeiten und einem erweiterten Netzwerk sind sie nun ausgestattet, um ihren Social Media Aktivismus erfolgreich voranzutreiben – und eine positive Veränderung in ihren Communitys und in der Gesellschaft zu bewirken. Eine Teilnehmerin fasst zusammen: „Ich habe viel dazu gelernt, neue Perspektiven erhalten und den Safe Space gehabt, um offen und ehrlich meine Meinung sowie Erfahrungen zu teilen.“ Seminarberichte

Presse

Großstadtradio zu Besuch bei SWANS

Wie genau sieht das Förderangebot aus bei SWANS? Wieso ist es so wichtig, Frauen zusammenzubringen und eine solidarische und vertrauensvolle Gemeinschaft zu schaffen? Und wie sieht für uns ein erfolgreicher Arbeitstag für SWANS aus? Darüber hat Joachim vom Großstadtradio mit uns gesprochen. Das Interview in voller Länge findest du hier.

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