Marjam Al Hakim: „Ich baue mein eigenes Imperium auf.“
Marjam Al Hakim ist Wissenschaftlerin, Unternehmerin und Gründerin von SKINSDIAMOND aus Frankfurt am Main sowie des SKIN INSTITUTION in Dubai. Mit einem ganzheitlichen Ansatz vereint sie fundierte Forschung mit innovativer Produktentwicklung für ganzheitliche Hautgesundheit von innen und außen. Ihr Gesundheitskonzept, das 2025 nach vierjähriger Forschung und Entwicklung gelauncht wurde, basiert auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird unter dem Qualitätsanspruch „Science Made in Germany“ umgesetzt. Nach einem zunächst begonnenen Studium der Zahnmedizin entschied sie sich – motiviert durch ihre eigenen Erfahrungen mit Akne – für ein Studium der Ernährungswissenschaften (B.Sc. & M.Sc.) mit Spezialisierung auf Dermatologie und Physiologie. Ihre Forschung konzentriert sich auf Antioxidantien, oxidativen Stress und die intrinsische und extrinsische Hautalterung. Parallel berät sie Ärzt:innen und Chirurg:innen deutschlandweit zu evidenzbasierter Nahrungsergänzungsmittel vor und nach chirurgischen Eingriffen. Das Gespräch führte Zekiye Tolu. SWANS: „Wie würdest du deine Kindheit beschreiben? Wie bist du aufgewachsen?“ Marjam Al Hakim: „Ich bin in einer großen, sehr vielfältigen Familie aufgewachsen – geprägt von zwei Kulturen und einer bewegten Geschichte. Mein Vater stammt aus dem Irak, meine Mutter aus dem Iran. Mitten in dem Iran Irak Krieg fand mein Vater seine Liebe im Iran- meine Mutter. Dort habe ich gelebt, bis ich fünf war, umgeben von den Einflüssen zweier unterschiedlicher Kulturen, aber auch den Herausforderungen, die ein Leben im Exil mit sich bringt. Trotz der politischen Umstände und den damit verbundenen Schwierigkeiten war mein familiäres Umfeld stark von Bildung geprägt. Ich komme aus einer akademisch orientierten Großfamilie, in der Wissen, Widerstandskraft und kulturelle Vielfalt zentrale Werte waren – und bis heute sind.“ SWANS: „Wie ist das für dich mit zwei Kulturen im Herzen– hast du beide Kulturen integriert oder hast du dadurch einen inneren Konflikt?“ Marjam Al Hakim: „Ich habe einen tiefen inneren Konflikt durchlebt – einen, den viele Menschen mit Einwanderungsgeschichte kennen. Eine Identitätskrise, die mich lange begleitet hat. Vielleicht sollte man erst darüber sprechen, nachdem man sich ein Stück weit selbst gefunden hat. Bei mir begann dieser Prozess, als ich mit fünfeinhalb Jahren nach Deutschland kam. Damals hatte ich meinen Vater anderthalb Jahre lang nicht gesehen. Er war früh nach Deutschland gegangen, um uns ein Leben zu ermöglichen, das wir im Iran so nicht hätten führen können. Besonders mir sollte ein erfolgreiches Studium ermöglicht werden. Für ihn, selbst aus einer akademischen Familie, war Bildung ein essenzieller Wert. Seine Entscheidung, alles zurückzulassen, war getragen von der Hoffnung auf unsere Zukunft. In Deutschland angekommen, geriet ich jedoch in eine tiefere Identitätskrise. Ich wuchs mitten in Frankfurt auf – als eines der wenigen ausländischen Kinder im Kindergarten. Ich erinnere mich an eine Szene, die sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt hat: Ich wollte halal oder vegetarisch essen. Statt Verständnis zu erfahren, wurde ich in eine dunkle Ecke gesetzt – mit den Worten, dass es bei uns nur das gebe, was auf den Tisch kommt. In dem Moment begann ich, alles zu hinterfragen: Wer bin ich? Was ist richtig? Wer möchte ich sein – oder darf ich ich selbst sein? Zu Hause lebte ich mit drei Kulturen unter einem Dach: der deutschen, der arabischen und der persischen. Meine Eltern begegneten einander mit großem Respekt, sprachen beide Sprachen – von meinem Vater lernte ich Arabisch, von meiner Mutter Persisch. Und doch wusste ich lange nicht, wo mein Platz war. Jahrelang habe ich die arabische Seite in mir verdrängt und mich fast ausschließlich als Perserin gesehen. Es hat lange gedauert, bis ich auch zu meinen arabischen Wurzeln zurückgefunden habe – und plötzlich erkannt habe, wie reich, wie schön diese bunte Welt ist. Und heute? Heute sage ich: Ich bin Iranerin. Ich bin Araberin. Und ich bin Deutsche. Keine dieser Identitäten lässt sich von mir trennen – Ich bin Mensch. In einem arabischen Land spüre ich, wie sehr ich auch deutsch und persisch bin. Im Iran spüre ich meine arabische und deutsche Seite. Und in Deutschland bin ich alles zugleich – und das ist nicht nur okay, das ist meine Stärke.“ SWANS: „Gab es Vorbilder, die dich früh geprägt haben und einen positiven Einfluss auf dich hatten?“ Marjam Al Hakim: „Es waren nie große Namen oder bestimmte Menschen, die mich inspiriert haben – es waren immer die Taten. Schon als Kind hat mich eine Zahl tief bewegt: Alle dreizehn Sekunden stirbt irgendwo auf der Welt ein Kind, oft in Afrika, an Nährstoff- und Vitaminmangel. Dieser Gedanke hat sich fest in mir verankert. Ich hatte früh eine Vision – ich wollte die Kapsel erfinden, die Leben rettet. Ich sah mich selbst eines Tages in Afrika, mit genau diesen Kapseln, um Kinder zu unterstützen, die keine andere Hilfe bekommen. Was mich bewegt hat, war kein Ruhm. Es war ein Kind, das alle dreizehn Sekunden stirbt – und die Frage: Wie kann ich das ändern? Wie schön sagte der einzigartige Avicenna: ‘The healing of the part should not be attempted without treatment of the whole.’ – Avicenna (Abū ʿAlī Sīnā) Genau das war mein Antrieb: Den Menschen nicht nur als Körper zu sehen, sondern als Ganzes – als ein soziales, kulturelles und einzigartiges Individuum – und Lösungen zu schaffen, die Generationen begleitet. Konkrete Vorbilder hatte ich nie. Keine Stars, keine berühmten Persönlichkeiten. Was mich geprägt hat, waren die Geschichten – die Handlungen von Menschen, die sich für andere einsetzen. Natürlich gab es in meiner Familie starke, erfolgreiche Ärztinnen, die mich informiert und unterstützt haben. Hilfsorganisationen, die junge Frauen in ihrer Entwicklung unterstützen, haben mich immer beeindruckt. Aber es gab nie jemanden, bei dem ich dachte: Genau so will ich sein. Vielleicht auch, weil ich mich in niemandem wiedergefunden habe. Die Mischung, die ich bin – die habe ich nie gesehen. Und genau das hat mich angetrieben: Der Wunsch, das zu verkörpern, was ich selbst vermisst habe.“ SWANS: „Was hat dich dazu bewegt zu studieren?“ Marjam Al Hakim: „Ich war schon immer eine Rebellin – in allem, was ich tue. Während für meinen Vater klar war, dass ich Ärztin werde, war für mich irgendwann klar: Ich gehe meinen eigenen Weg. Zwar hatte ich als Kind den Traum, Zahnärztin zu werden, und fing mit dem ersten