Mo Asumang ist Filmemacherin, Gastprofessorin, Bestsellerautorin, Schauspielerin und wurde 1996 Deutschlands erste afrodeutsche TV-Moderatorin. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit besucht Mo mit ihrem Film „Die Arier“ weltweit Schulen und Universitäten, um im Rahmen von Diskussionsveranstaltungen das Thema Rassismus einer dialogorientierten Perspektive im Gespräch mit sogenannten „Andersdenkenden“ anzugehen. Zudem ist sie Mitgründerin des Vereins Mo:Lab, der in eintägigen Workshops Botschafter:innen ausbildet für dialogbasierte Antidiskriminierungsarbeit. Für ihr Demokratie-Engagement und ihren Einsatz gegen Rechtsextremismus und Rassismus wurde sie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Das Gespräch führte Zekiye Tolu. SWANS: „Es entstehen in Deutschland leider mehr Rechtsbewegungen. Was können wir als Einzelne aktiv dagegen tun?“ Mo Asumang: „Wir sollten uns zunächst verbinden, Gemeinschaften bilden und über die eigenen Gefühle sprechen. Dann würde ich mich fragen, was mir da auf der Seele brennt und was mich innerlich bewegt. Das ist der erste Schritt, den viele vergessen, bevor sie gleich in die Wut gehen. Das heißt, ich sollte mich vor dem zweiten Schritt erstmal fragen, was mich da tief drin bedrückt. Woher kam das? Was habe ich bisher dagegen unternommen? Aus dem eigenen Heilungsprozess haben wir eine ganz andere Kraft, weil wir dadurch nicht aus der Wut-Kraft heraus handeln, sondern lösungsorientiert sind. In diese Kraft müssen wir hineinkommen, statt diese Ebenen zu überspringen. Wir können diese Angst vor Rassismus und seinen Folgen für die Menschheit nutzen, um uns selbst besser kennenzulernen. Es geht immer um Begegnungen zwischen Menschen – und Begegnungen sind niemals eine Einbahnstraße. Es sind beide Seiten gefordert. Wir machen es uns zu einfach, wenn wir sagen, dass nur die anderen sich verändern müssen.” SWANS: „Gab es prägende Erfahrungen, dass du dich heute so intensiv gegen Rassismus einsetzt?” Mo Asumang: „Die entscheidende Erfahrung war tatsächlich eine Morddrohung von einer Neo-Nazi Band, die als Lied gesungen in ganz Deutschland verbreitet wurde. Sie versuchten, damit das rechte Spektrum gegen mich zu mobilisieren. Ich wusste nicht, was passieren würde. Es hätte sein können, dass sie eines Tages vor meiner Tür stehen. Aus dieser Belastung heraus musste ich handeln. Dann begann ich meine „Heldinnenreise“. Ich habe mich mit dem Thema auseinandergesetzt, damit ich erstmal in meiner innersten Kraft und stark bin. Ich wollte wissen, wie ich mit der Situation umgehen kann. Vorher habe ich gegenteilig gehandelt und weiß jetzt rückblickend, dass das nicht richtig war: Ich habe mich anfangs erst versteckt und habe gemerkt, dass das der falsche Weg ist. Ich habe mit niemanden über meine Ängste kommuniziert. Heute weiß ich, dass mir der Dialog wichtig ist. Ich habe damit das Gefühl, ich habe die Sache noch in der Hand oder im Griff und bin nicht hilflos und ohnmächtig.“ SWANS: „Wie würdest du deine Kindheit beschreiben? Hast du prägende Erfahrungen erlebt, die deinen Werdegang beeinflusst haben?” Mo Asumang: „Ja, es fing schon damit an, dass wir in Kassel wegen meiner Hautfarbe aus dem Haus geworfen wurden. Dort machte ich meine erste Erfahrung mit Rassismus. In der Schulzeit war ich eng mit meinen Freund:innen verbunden und im Austausch, so dass ich dort keine rassistischen Erfahrungen hatte. Heutzutage werden wir bei der Fülle an kommunizierten Diskriminierungs-Fällen, oder auch großen gesellschaftlichen Themen wie Krieg, oft sprachlos. Daher bieten wir mit unserem Verein Mo:lab Workshops für Interessent:innen an, die ihre eigenen Fähigkeiten im Umgang mit „Andersdenkenden“ trainieren und schulen wollen. Damit gehen wir zum Beispiel an Schulen, Universitäten, Behörden, Vereine oder auch Unternehmen. Wir wollen damit die Demokratie stärken. Weitere Inhalte sind beispielsweise das Üben eines persönlichen Gesprächs, Strategien im Umgang mit Andersdenkenden, und vor allem interaktive Körperübungen. Als Vorbild nehmen wir vielfach die Gespräche aus meinen Filmen, wo mir der Dialog sogar mit Rassisten in den krassesten Situationen gelungen ist, weil meine Dialogtechnik funktioniert. Wir haben den Workshop durch Herr Prof. Dr. Andreas Zick und seinem Team von der Uni Bielefeld evaluieren lassen. Und die Evaluation ist so gut ausgefallen, dass sie uns jetzt engagiert haben, die Leute in der neu gegründeten Konfliktakademie der Uni Bielefeld, zu schulen. Da sind wir sehr stolz drauf. Mit unserem Dialog-Botschafter:innen-Workshop helfen wir den Forschenden, das nötige Handwerkszeug für die Dialog zu erhalten. Der Workshop beinhaltet praktische Übungen, die am Arbeitsplatz, auf der Straße und sogar zu Hause anwendbar sind. Wir haben zusätzlich angefangen, Dialog-Trainer:innen auszubilden, d.h. es können nun Trainer:innen beispielsweise für die Schule oder Vereine bestellt werden. Einige davon sind auch von der Konfliktakademie, mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten.“ SWANS: „Wenn sich jemand mir gegenüber rassistisch verhält – wie kann ich mich konkret verhalten und wehren?” Mo Asumang: „Es hilft erstmal, dass ich vorab Resilienz lerne, statt in übliche Verhaltensmuster und Emotionen wie Wut oder Aggression zu verfallen. Durch diese Grundvoraussetzung kannst du eine Haltung entwickeln. Es bringt nichts, unreflektiert zu reagieren. Als nächstes hilft es, so eine Situation in einem geschützten Raum (safer space) nachzuspielen, um zu üben, im inneren Gleichgewicht zu bleiben und den anderen im Gespräch nicht abzuwerten. Dadurch schaffe ich Augenhöhe und die Bereitschaft der anderen Seite, weiter zu denken als sonst. Genau das üben wir in unseren Trainings.“ SWANS: „Du hast einen beeindruckenden, vielfältigen Werdegang. Wusstest du schon immer, in welche Richtung es geht, oder hat sich das mit der Zeit entwickelt?“ Mo Asumang: „Mein Motto war immer: Lass dich treiben, dein Ziel wird dich finden. Ich war mal tatsächlich Taxifahrerin, während ich Visuelle Kommunikation und klassischen Gesang studiert habe. Damit habe ich mein Studium finanziert. Dann fragte mich eines Tages ein Regisseur, den ich im Taxi kennengelernt hatte, ob ich im Studio als Synchronsprecherin einsprechen kann. So fing mein Weg in die Erfahrung als Synchronsprecherin bis zur Schauspielerei an. Danach folgten Filme wie Star Trek, Independence Day oder Das fünfte Element, die ich synchronisiert habe und die mich in diese Branche hineingebracht haben. Dazu kam, dass mich ein Freund als Taxifahrerin fotografierte. Dieses Bild sah ein Regisseur, der jemanden für eine Sendung brauchte. Er suchte für die Sat.1 Serie ‚Berlin bei Nacht‘ einen roten Faden, den ich darstellen sollte. So kam es, dass ich in der Sendung Leute von A nach B gefahren und währenddessen interviewt habe. Daraus entstand die ORB-Sendung ‚Classic-Clips‘ in der ich Klassik-Musik Stars