Sarah Blaßkiewitz ist Regisseurin, Drehbuchautorin und ehemalige Schauspielerin. Ihr erster Langfilm IVIE WIE IVIE wurde u. a. beim Festival des deutschen Films als Bester Film ausgezeichnet und erhielt den Gilde Filmpreis der Programmkinos 2021. Sie inszenierte 2021 vier Folgen der WebserieDRUCK und 2022 die Serie “SAM – EIN SACHSE” von Disney+, für die sie mit dem Grimme-Preis 2024 ausgezeichnet wurde. Aktuell läuft die Comedy-Serie “OH HELL” auf Magenta TV und als Max (HBO)-Original in den USA, bei der Sarah Blaßkiewitz die gesamte 2. Staffel inszeniert hat. Sie studierte Film an der Beuth Hochschule Berlin und arbeitete im Regie- und Kameradepartment bei Filmproduktionen.
SWANS: „Wie würden Sie Ihre Kindheit beschreiben? Wie sind Sie aufgewachsen?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ich beschreibe meine Kindheit als kreativ und glücklich. Ich hatte von meiner Mama, als auch der Familie, eigentlich alle Freiheiten- bis auf das Rauchen, Alkohol, und all das, was man als Kind nicht machen sollte. Von daher war ich froh, dass ich mich so frei entfalten konnte.”
SWANS: „Gab es Vorbilder, die Sie in Ihrer Kindheit und Jugend gestärkt haben?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ja, meine Vorbilder waren unter anderem die deutsche Band Tic Tac Toe, die britische Girlband Spice Girls und der TV-Detektiv Columbo.”
SWANS: „Haben Sie Rassismus erlebt und wie sind Sie damit umgegangen?“
Sarah Blaßkiewitz: “Da Rassismus viele Facetten hat und auch oft versteckt daherkommt, musste ich im Laufe meines Lebens Jahr für Jahr neu lernen, damit umzugehen. Ich habe mittlerweile erkannt, dass ich nicht länger damit umgehen möchte. Wenn ich beispielsweise verbal angegriffen werde, bleibt mir oft die Sprache weg. Die Verletzungen, die ich erlitten habe, stammen häufig aus früheren negativen Erfahrungen und werden durch neue Beleidigungen nur verstärkt. Warum sollte ich mich als Opfer verteidigen? Warum sollte ich versuchen, damit ‚umzugehen’? Meiner Meinung nach muss die gesamte Gesellschaft besser mit solchen Situationen umgehen, damit Betroffene wie ich nicht mehr damit konfrontiert werden. Wenn jemand geschlagen wird, bedeutet das nicht, dass die Lösung darin besteht, zurückzuschlagen. Die Person, die rassistisch beleidigt wird, verdient Schutz und Verteidigung! Viele meiner Freunde wurden auf offener Straße von Nazis angespuckt. Wie soll diese Freundin oder dieser Freund anders reagieren, als sich schnell in Sicherheit zu bringen? Nach dem Spucken könnte bereits ein Tritt oder Schlag folgen. Ich denke, die Frage nach dem Umgang ist in diesem Kontext nicht ganz passend. Wenn es Lösungen oder Ideen gibt, die mir helfen könnten, besser mit Rassismus umzugehen, bin ich offen dafür. Aber wie ich zu Beginn sagte, bin ich an einem Punkt angekommen, an dem ich nicht mehr mit Menschenverachtung, Rassismus und Hass reagieren möchte.”
SWANS: „Wie sind Sie zu Ihrem Beruf gekommen?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ich habe schon früh im Kinder- und Jugendtheater mitgespielt. Anschließend konnte ich in einer Jugendserie mitspielen. Schließlich habe ich irgendwann begriffen, dass ich lieber hinter der Kamera stehe und anderen dabei zuschaue, wie sie spielen. Ich arbeite nur noch in absoluten Ausnahmen vor der Kamera, weil ich mich auf der anderen Seite viel wohler fühle. Ich habe den Beruf der Filmemacherin gewählt, weil ich mir nichts Anderes für mich vorstellen konnte und bis heute nicht kann.”
SWANS: „Was wünschen Sie sich zukünftig für die Film- und Produktionsbranche?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ich wünsche mir von der Branche mehr Geld und Zeit, aber vor allem ein ehrlicheres Miteinander. Es sollte mehr Ausgewogenheit zwischen den Bereichen Streamern, TV und Kino vorhanden sein. Die Kinoproduktion hat es gerade in der Finanzierung sehr schwer.”
SWANS: „Wodurch lassen Sie sich für Ihre Drehbücher inspirieren?“
Sarah Blaßkiewitz: “Meine Inspirationsquellen für gute Drehbücher sind Menschen, Kunst und gute journalistische Arbeit.”
SWANS: „Auf welche gemeisterten Hürden in Ihrem bisherigen Leben sind Sie besonders stolz?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ich bin stolz darauf, dass ich weiter mache, trotz Hürden! Die Hürden kommen meist unerwartet und können einen schwer treffen. Da kann es schon mal hart sein, sich selbst wieder zu motivieren und aus der Krise herauszukommen. Das funktioniert am besten mit Freund:innen und Familie, die einem zur Seite stehen.”
SWANS: „Was empfehlen Sie einer jungen Frau mit Einwanderungsgeschichte, die Schauspielerin werden will? Welche Schritte schlagen Sie vor?“
Sarah Blaßkiewitz: “Ich würde ein Handy nehmen und dich von einer Freund:in wie du eine Szene spielst, oder einen Monolog sprichst, abfilmen lassen. Gehe ins Theater, lies Texte, schau dir Filme an. Probiere dich aus und sauge alles auf, was nur möglich ist. Danach brauchst du jemanden, der dir eine gute Mentorin oder Mentor ist. Das ist im besten Fall auch eine Schauspielerin oder eine Person, die dich anderen auch vorschlagen kann. Lerne parallel immer auch Deutsch und Englisch, weil alles in deinem Job über Sprache laufen wird.”
SWANS: „Was möchten Sie abschließend unserer Community gerne mitgeben?“
Sarah Blaßkiewitz: “Wir sollten uns als Frauen auf der Karriereleiter nicht einschüchtern lassen. Der Weg für uns ist steiniger als für Männer, aber wir haben die doppelte und dreifache Kraft dazu! Man muss nur rechtzeitig erkennen, wer einem gut tut und wer einen aufhält, sein Ziel zu verfolgen.”
SWANS: „Vielen Dank für das Gespräch!“