Dubravka Maljevic leitet den Bereich Medizintechnik der BG-Kliniken – Klinikverbund der gesetzlichen Unfallversicherung gGmbH und ist die einzige Frau im Vorstand des Fachverbands für Medizintechnik. Nach ihren ersten beruflichen Stationen im Bereich der Produktentwicklung hat sie sich auf die Medizintechnik im Krankenhaus spezialisiert. Sie sammelte zunächst umfangreiche Erfahrungen in verschiedenen Positionen als Krankenhausingenieurin und übernahm später die stellvertretende Leitung des Bereichs Medizintechnik bei den Asklepios Kliniken. Sie ist Diplom-Ingenieurin für Medizintechnik und hat einen MBA in Health Business Administration. Das Gespräch führte Martha Dudzinski.
SWANS: „Hast du dich in deinem Leben eher gefördert oder unterschätzt gefühlt?”
Dubravka: „Ich habe in meinem Leben eine Mischung aus Momenten erlebt, in denen ich mich unterschätzt und gefördert gefühlt habe. Es gab Zeiten, in denen ich mich durch Vorurteile zurückgesetzt gefühlt habe. Aber ich habe auch viele wunderbare Erfahrungen gemacht, in denen ich mich unterstützt und ermutigt gefühlt habe. Durch Entschlossenheit, Bildung und die Unterstützung von Menschen um mich herum konnte ich meine Fähigkeiten entfalten und meine Ziele erreichen. Es ist erstaunlich zu sehen, wie viel man erreichen kann, wenn man an sich selbst glaubt und hart dafür arbeitet. Ich bin stolz darauf, dass ich die Herausforderungen überwunden und meinen eigenen Weg gegangen bin. Es ist wichtig, unsere eigenen Stärken zu erkennen und uns gegenseitig zu ermutigen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Hintergrund. Jeder hat das Recht auf gleiche Chancen und Anerkennung. Lasst uns eine Gesellschaft schaffen, in der Vielfalt geschätzt wird und in der jede Person die Möglichkeit hat, ihr volles Potential auszuschöpfen!”
SWANS: „Auf welche gemeisterte(n) Hürde(n) bist du besonders stolz?”
Dubravka: „Im Nachgang bin ich stolz auf das bisher Erreichte. Ich bin stolz darauf, dass ich eine gute kostenfreie Bildung genießen durfte und sowohl eine sehr gute Schul-, als auch eine sehr gute Berufsausbildung abschließen konnte. Es war eine wertvolle Erfahrung, die mir viele Möglichkeiten eröffnet hat und mein Wissen und meine Fähigkeiten erweitert hat. Ich bin dankbar für die Unterstützung, die ich auf meinem Bildungsweg erhalten habe, und stolz darauf, dass ich heute in der Lage bin, mein erlerntes Wissen in meinem Beruf einzusetzen und mein Potential auszuschöpfen. Bildung ist ein lebenslanger Prozess, und ich bin motiviert, weiterhin zu lernen und mich persönlich und beruflich weiterzuentwickeln.”
SWANS: „Gibt es Erfahrungen mit Sexismus und/oder Rassismus bzw. Ausgrenzung, die dich besonders geprägt haben oder dir besonders im Gedächtnis geblieben sind?”
Dubravka: „Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Um Rassismus bzw. Ausgrenzung zu erkennen, muss man erstmal wissen, was das ist. Artikel 3 des Grundgesetzes legt fest, dass kein Mensch aufgrund „seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen und politischen Anschauung“ und „seiner Behinderung“ benachteiligt werden darf. Nach dieser Definition kann es keinen Rassismus geben.
Meine Eltern flüchteten in den 1990 Jahren nach Deutschland. Der Zerfall des Jugoslawiens und die darauf folgenden Kriege zwangen meine Eltern, das Land zu verlassen. Wir kamen nicht nach Deutschland, weil wir wollten – sondern weil wir mussten. Die ständige Bedrohung durch Gewalt, die Unsicherheit über die Zukunft zwang uns, alles Vertraute aufzugeben und mit einem einzigen Koffer nach Deutschland zu fliehen.
Wir bekamen eine Duldung. Von dem Moment an war ich ein Flüchtling. Aber wir waren froh und dankbar dafür, nicht dauerhaft in Todesangst zu leben. Und diese Dankbarkeit legte sich über alles Andere, das wir erdulden, ertragen, über uns ergehen lassen mussten. Mit dieser Dankbarkeit war auch immer Hoffnung verbunden. Hoffnung, Gutes zu sehen und nach vorne zu schauen. Und so haben wir auch viele gute Seelen auf unserem Weg getroffen, gute Menschen, die uns halfen, unsere Stärken zu mobilisieren und Wege zu finden, um den Herausforderungen umzugehen.”
Dubravka: „Ich dachte früher, dass Quoten nicht notwendig sind. Ich war der Meinung, dass wir als Gesellschaft auf natürliche Weise auf eine gerechtere Vertretung von Menschen unterschiedlicher Hintergründe hinarbeiten können. Jedoch habe ich im Laufe der Zeit festgestellt, dass dieser Fortschritt leider oft zu langsam erfolgt. Es gibt immer noch Ungleichheiten und Barrieren, die es vielen talentierten Menschen erschweren, ihr volles Potential auszuschöpfen.
In solchen Fällen kann eine Quote als Instrument dienen, um diesen Ungleichheiten entgegenzuwirken und positive Veränderungen zu beschleunigen. Eine Quote kann dazu beitragen, dass bestimmte Gruppen, die historisch benachteiligt oder unterrepräsentiert waren, bessere Chancen erhalten. Sie kann auch ein Signal senden und das Bewusstsein für die Bedeutung von Vielfalt und Inklusion schärfen.
Aber eine Quote ist kein alleiniges Mittel zur Lösung der Probleme, sondern nur ein Teil des Gesamtbildes. Letztendlich sollten wir bestrebt sein, eine Gesellschaft zu schaffen, in der Chancengleichheit herrscht und alle Menschen unabhängig von ihrem Hintergrund die Möglichkeit haben, ihre Talente zu entfalten. Wenn Quoten dabei helfen können, diesen Prozess zu beschleunigen und mehr Diversität zu fördern, können sie ein nützliches Werkzeug sein.”
SWANS: „Viele unserer Schwäne müssen schon in ihrer Kindheit und Jugend viel Verantwortung übernehmen, etwa bei Elternsprechtagen, Behördengängen und Dokumenten – wie war das bei dir?”
Dubravka: „Ja, bei mir war es ähnlich. Schon in meiner Kindheit und Jugend musste ich viele Verantwortlichkeiten übernehmen, wie zum Beispiel bei Elternsprechtagen, Behördengängen etc. Es war eine wertvolle Erfahrung, da ich dadurch früh gelernt habe, selbstständig zu agieren und Verantwortung für mein eigenes Leben zu übernehmen. Diese Erfahrungen haben mich geprägt und dabei geholfen, wichtige Fähigkeiten wie Organisation, Kommunikation und Selbstständigkeit zu entwickeln.”
SWANS: „Du bist Ingenieurin und die einzige Frau im Vorstand des Fachverbands für Medizintechnik. Welche Lehren ziehst du aus deiner Karriere als Frau in einer Männerdomäne – bereust du es?”
Dubravka: „Nein, ich bereue es definitiv nicht. Jedoch ist mir wichtig zu sagen, dass jede Person eine einzigartige Erfahrung hat und haben wird und individuelle Lehren aus ihrer eigenen Karriere ziehen wird. Es ist wichtig, trotz Hindernissen und Vorurteilen beharrlich zu bleiben. Meine Lehren sind:
1) Frauen in einer Männerdomäne können mit Widerständen konfrontiert sein, aber es ist entscheidend, den eigenen Wert und die eigenen Fähigkeiten anzuerkennen und daran festzuhalten.
2) Der Aufbau eines starken Netzwerks, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Männerdomäne, kann von großer Bedeutung sein. Kontakte zu knüpfen, Mentor:innen zu finden und sich mit Gleichgesinnten zu verbinden.
3) Sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und Kompetenzen in der gewählten Domäne zu stärken, kann ein wichtiger Faktor für den Erfolg sein.
SWANS: „Welchen Ratschlag würdest du unseren „Schwänen“ mitgeben?”
Dubravka: „Mir ist kürzlich mein Abiturjahrgangsbuch wieder in die Hände gefallen. Damals habe ich auf die Frage, was mein Motto ist, geantwortet: „Wir scheitern nicht an den Hindernissen, die uns in den Weg gelegt werden, sondern an der Phantasielosigkeit, diese zu umgehen.“ Mein Rat wäre deshalb: Sei mutig, sei neugierig. Irgendwo gibt es immer einen Weg, sei schlau und suche dir gute Begleiter:innen für deinen Weg.”
SWANS: „Vielen Dank für das Gespräch!”